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Quelle: Nora Wunderwald

Im Gespräch mit Nora Wunderwald

Über die Möglichkeiten und Risiken des Influencer-Daseins

Nora Wunderwald steht vor dem Kurhaus Simone in Erfurt, während sie wartet hält sie das Gesicht in die Frühlingssonne. Nora ist Influencerin. In Zahlen ist sie 20.300 Abonnent*innen auf YouTube und 6.141 Follower auf Instagram. Das Magazin TIERINDIR, welches sie mit zwei weiteren jungen Frauen gegründet hat, hat 4.159 Follower auf Instagram und im Monat mehr als 10.000 Aufrufe. Wer steckt hinter diesen Zahlen? Und lässt sich mit so vielen Menschen Geld verdienen?

Die junge Frau bestellt einen Chai Latte – mit Hafermilch, denn sie lebt vegan. Nora ist ruhig, unaufgeregt. Es ist leicht, sich in ihrer Gegenwart wohlzufühlen und sich mit ihr zu unterhalten – über Mitbewohner, die Uni und Erfurt. Auch in ihren Videos herrscht diese unaufgeregte, entspannte Stimmung. Sie entspricht nicht dem vorurteilsbehafteten Bild eine*r Influencer*in, in dem eine blonde, stark geschminkte Frau mit schriller, lauter Stimme ein Duschgel in die Kamera hält. Nora dagegen hat braune, schulterlange Haare, trägt einen schwarzen Rollkragenpulli und blaue Cordhosen. Ihre Stimme ist zwar ruhig, aber bestimmt. Sie hat etwas zu sagen, und weiß auch genau was sie sagen will. „Reden ist Gold“ ist ihr Motto. Das einzig auffällige an ihr ist der knallrote Lippenstift, mit dem man sie auch oftmals auf YouTube und Instagram sieht, schon fast so etwas wie ihr Markenzeichen – passend zu dem roten Ledersessel, in dem sie sitzt.

Mit YouTube hat sie schon als Jugendliche angefangen. In ihren Videos spricht sie meist über Lifestyle-Themen – was sie so liest, was sie trägt, was sie sieht und was sie liebt. Und viel zum Thema Nachhaltigkeit. Für Nora ist YouTube nicht nur ein Hobby, sie sieht es als Beruf an. Das schnelle Geld möchte sie damit jedoch nicht machen, ihr geht es vielmehr darum etwas Gutes zu tun. „Alle wünschen sich immer diesen Ruhm und das Geld durch YouTube. Aber das als Job zu haben ist nicht immer nur Friede, Freude, Eierkuchen“, sagt sie. Besonders die negativen Kommentare machen ihr zu schaffen. Als Influencer*in brauche man ein dickes Fell. Bei dem Wort Influencer*in macht sie mit ihren Fingern Anführungszeichen in die Luft. Auf die Frage warum schaut sie ein wenig ertappt aus:

„Inluencer*in sein ist nichts Schlechtes, aber ich sage das so, nicht weil ich nicht dazu stehe, sondern weil dieser Begriff irgendwie so ungewollt ist.“

Jeder Mensch sei ein*e Influencer*in, sagt sie, weil jede*r andere Menschen beeinflussen würde. Sie selbst bekommt regelmäßig Nachrichten von ihren Zuschauer*innen, dass sie dank ihr jetzt Zeitung lesen oder Veganer*in sind. Aber auch, dass sie sich wegen ihr ein bestimmtes Produkt gekauft haben und somit durch ihren Einfluss Geld ausgegeben haben. Dieses Einflusses ist sich Nora sehr bewusst.

Anfragen von Firmen bekommt sie regelmäßig, ihre Produkte zeigt sie aber nur, wenn sie dahintersteht. Sie fragt nach, woher die Sachen kommen und wie die Arbeitsbedingungen dort aussehen. Nora selbst fragt Marken an, die sie gut findet. Viele Unternehmen stellen ihr die Produkte kostenlos zur Verfügung und ein bisschen Geld gibt es manchmal auch dazu. „Das finde ich sehr fortschrittlich, dass die Influencer als solche jetzt auch anerkannt werden, dass es als Job gesehen wird“, sagt sie und rührt in ihrem Getränk. Seit Kurzem fragt Nora auch nach einem Obolus, meist sind das Beträge zwischen 50 und 70 Euro. Sie könnte sich vorstellen später einmal hauptberuflich Influencerin zu sein, allerdings nur, wenn YouTube ein positiver Ort bleibt. Das ist er aber nicht immer und so hat sie vor einiger Zeit überlegt ganz damit aufzuhören. Grund dafür waren viel negative und unkonstruktive Kritik, von Menschen die sich von ihr und ihrer nachhaltigen Lebensweise angegriffen fühlten. Diese Kommentare haben die junge Frau sehr mitgenommen.

„Ich habe mir dann überlegt: Will ich meine ganze Karriere auf etwas bauen, wo mein Gesicht davorsteht und wo ich immer angekreidet werde?“

Sie überlegt und schlägt dabei die Beine übereinander, an den Füßen trägt sie blaue Glitzersocken und schwarze Lackschuhe. Bei TIERINDIR sei das anders, da stehe sie mehr im Hintergrund und könne hinter den Kulissen Gutes bewirken. In der Zukunft möchte sie ein eigenes Produkt herausbringen – vielleicht ein Baumwollstoff mit vielen kleinen Bäumen darauf, wegen ihres Namens. Sie will die Marke Nora Wunderwald weiter ausbauen.

Nora Wunderwald ist in Zahlen 22 Jahre alt, studiert im 6. Semester und hat drei Jobs, einer davon ist YouTube. Sie ist Influencerin, beeinflusst Menschen jeden Tag auf unterschiedliche Weise und verdient mit sozialen Medien Geld. Hauptberuflich möchte sie aber Redakteurin ihres eigenen Magazins sein. Bevor Nora geht macht sie durch das große Fenster vor dem sie sitzt noch schnell ein Foto vom Treiben auf dem Wenigemarkt draußen, um es auf Instagram zu posten.

-Das Interview fand im Frühjahr 2019 statt.-

Anna-Sophie

Ich habe im Bachelor Journalismus und Unternehmenskommunikation studiert und im Master Kinder- und Jugendmedien. Aktuell arbeite ich in einer Medienagentur. Auch wenn ich beruflich eher in den Massenmedien zuhause bin, schlägt mein Herz für Bücher. #potterhead